BSG: Korrektur- und Nachforderungsliquidationen des Krankenhauses gegenüber der GKV nur beschränkt zulässig

Im Privatrechtsverkehr gelten die Vorschriften über die Verjährung von Leistungsansprüchen grundsätzlich absolut; insbesondere klassische Zahlungsansprüche verlieren ihre "Gültigkeit" damit in aller Regel nicht vor Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Verjährung beginnt damit grundsätzlich mit Entstehen des Leistungsanspruches (grundsätzlich mit Erfüllung der eigenen Leistungspflicht). Innerhalb der Verjährungsfrist können die Leistungen daher grundsätzlich jederzeit liquidiert und korrigiert werden. Nicht jedoch im Bereich der öffentlich-rechtlich geprägten Vertragsbeziehung zwischen Krankenhaus und gesetzlicher Krankenkasse. Dies hat das BSG mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 13.11.2012 (BSG, Urteil vom 13.11.2012, B 1 KR 6/12 R) nun noch einmal in aller Deutlichkeit klargestellt. Aus hiesiger Sicht ist das Urteil dabei nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch für Vertrags(zahn)ärzte von erheblicher Bedeutung; denn die Grundsätze der Rechtsprechung lassen sich gut auf die Abrechnung-Beziehung zwischen Vetrags(zahn)arzt und K(Z)V übertragen.

 

Der Fall:

 

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung. Der Versicherte ist bei der beklagten Krankenkasse (KK) versichert. Das Universitätsklinikum des Klägers, behandelte den Versicherten im Wege einer koronaren Bypass-Operation mit invasiver kardiologischer Diagnostik und komplizierenden Prozeduren stationär vom 15.2. bis 7.3.2005 [..]. Der Kläger berechnete der Beklagten hierfür 15610,03 Euro (Schlussrechnung vom 15.3.2005). Die Beklagte bezahlte den Betrag Anfang April 2005. Der Kläger forderte Ende 2009 vergeblich weitere 3727,82 Euro (Rechnung vom 30.11.2009), weil er zusätzliche Nebendiagnosen sowie - erlöswirksam - die Gabe von Blutkonserven/Plasmapräparaten nachkodierte. Die Beklagte berief sich darauf, die Nachforderung verstoße gegen Treu und Glauben.

 

Die Entscheidung:

 

[...] Der Kläger war nach Treu und Glauben mit seiner Nachforderung vom 30.11.2009 nach der ersten Endabrechnung vom 15.3.2005 ausgeschlossen.

 

a) Nach den Feststellungen des LSG und dem Vorbringen der Beteiligten ist eine Nachforderung nicht vertraglich ausgeschlossen. § 12 Entgeltvereinbarung 2005 sieht lediglich vor, dass die übersandten Rechnungen - sofern Leistungspflicht besteht - spesenfrei und ohne Abzug sofort, spätestens jedoch 14 Tage nach Rechnungseingang zu begleichen sind.

 

b) Eine Schlussrechnung, wie sie der Kläger hier nach den unangegriffenen, den erkennenden Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen der Vorinstanzen am 15.3.2005 erteilt hat, schließt nicht umfassend und ausnahmslos Nachforderungen aus. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit von Nachforderungen mangels ausdrücklicher Regelung gemäß dem über § 69 S 3 SGB V aF (idF durch Art 1 Nr 26 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626 mWv 1.1.2000, ab 1.4.2007 § 69 S 4 gemäß Art 1 Nr 40a GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) auf die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenhaus und KK einwirkenden Rechtsgedanken des § 242 BGB nach Treu und Glauben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligten aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiten. Ihnen sind die gegenseitigen Interessenstrukturen geläufig. In diesem Rahmen ist von ihnen eine gegenseitige Rücksichtnahme zu erwarten (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 16).

 

Den Krankenhäusern ist bekannt, dass die KKn aufgrund des laufenden Ausgabenvolumens die Höhe ihrer Beiträge - grundsätzlich bezogen auf das Kalenderjahr - kalkulieren müssen, auch wenn inzwischen seit 2009 aufgrund der Einführung des Gesundheitsfonds nur noch geringere Gestaltungsmöglichkeiten der KKn bestehen. Der erkennende 1. Senat des BSG hat deshalb nach Erteilung einer Schlussrechnung ohne Vorbehalt eine Nachberechnung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn ein Zeitraum von zwei Jahren zwischen Schlussrechnung und Nachforderung bestand (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19; zustimmend van der Ploeg, MedR 2010, 807, 808; van der Ploeg/Ellmann, MedR 2012, 242, 243; Webel/Wallhäuser, ZMGR 2010, 295 f; kritisch Korthus, Das Krankenhaus 2010, 49 f und 664 f; Leber, Das Krankenhaus 2010, 665, 666; derselbe, Das Krankenhaus 2011, 48, 49). Weil die KKn auf tragfähige Berechnungsgrundlagen angewiesen sind, müssen sie sich nämlich grundsätzlich auf die "Schlussrechnung" eines Krankenhauses verlassen können. Das Krankenhaus verfügt für die Erteilung einer ordnungsgemäßen, verlässlichen Abrechnung - anders als die KK - umfassend über alle Informationen, die die stationäre Behandlung der Versicherten betreffen. Die erforderlichen Informationen betreffen die rechtlichen Vorgaben für die Abrechnung und die tatsächlich erbrachten Leistungen, die abzurechnen sind. Lässt sich ein Krankenhaus länger als ein ganzes Rechnungsjahr Zeit, um eine ohne rechtsbedeutsamen Vorbehalt erteilte "Schlussrechnung" im Wege der Nachforderung mit Blick auf Grundlagen zu korrigieren, die dem eigenen Verantwortungsbereich entstammen, ist es in der Regel nach Treu und Glauben mit seiner Nachforderung ausgeschlossen.

 

Das Krankenhaus ist nämlich regelmäßig in der Lage, in rechtlicher Hinsicht professionell korrekt abzurechnen und sich ggf stellende Abrechnungsprobleme zu erkennen. Hinzu kommt, dass die im Verhältnis Krankenhaus - KK geltenden Abrechnungsbestimmungen auch bei Fallpauschalen gezielt einfach strukturiert sind, um ihre sachgerechte Anwendung durch das Krankenhaus zu ermöglichen. Dementsprechend erfolgt ihre Anwendung allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln, ergänzend auch nach dem systematischen Zusammenhang; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben dagegen außer Betracht (stRspr, vgl zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 17; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6 mwN). Rechtsähnlich verfahren der erkennende 1. und der 6. Senat des BSG bei der Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsregelungen (vgl zB BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; BSG SozR 4-2500 § 28 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 10 RdNr 13).

 

Bestehen auf Seiten eines Krankenhauses dennoch Unsicherheiten bei der Anwendung von Abrechnungsbestimmungen, ist es auf der Ebene der generellen vertraglichen Regelung Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, diese durch Weiterentwicklung zB der Fallpauschalen- oder Sonderentgelt-Kataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben. Denn das DRG-basierte Vergütungssystem ist vom Gesetzgeber als jährlich weiter zu entwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz <KHG>) und damit "lernendes" System angelegt. Bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen sind in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zum Ganzen BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 27 mwN; BSGE 107, 140 = SozR 4-2500 § 109 Nr 21, RdNr 18; BSG SozR 4-5565 § 14 Nr 10 RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 RdNr 18; zur Bundespflegesatzverordnung: BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2 S 15; BSG SozR 3-5565 § 15 Nr 1 S 6). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle (vgl § 18a Abs 6 KHG) anzurufen, bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Von alledem sind die eng untereinander vernetzten Krankenhäuser regelmäßig informiert. Ihnen ist es deshalb zumutbar, bei auslegungsbedingten Abrechnungsunsicherheiten in der "Schlussrechnung" explizit Vorbehalte zu erklären, die den KKn den eventuell erforderlichen Rückstellungsbedarf transparent machen. Ein pauschaler Hinweis, der allgemein bei jeder Abrechnung den Vorbehalt noch weiterer Nachforderungen vorbehält, genügt hierfür bei Schlussrechnungen nicht. Solange das Krankenhaus den zu fordernden Rechnungsbetrag pauschal nicht überblickt, kann es Abschlagszahlungen auf vorläufige Teilrechnungen fordern.

 

Entgegen der Auffassung des Klägers ist es diesbezüglich nicht von Bedeutung, dass die von ihm genutzte elektronische Abrechnung keinen Raum für die Erklärung ausdrücklicher Vorbehalte vorsieht. Solange nichts anderes vereinbart ist, kann der Kläger - abweichend vom vorliegenden Fall - auch schriftlich abrechnen, um einen spezifischen Vorbehalt ausdrücklich zu erklären. Ebenso kann er mit den KKn für den elektronischen Abrechnungsverkehr eine Eingabemaske vereinbaren, die Raum für Vorbehalte vorsieht.

In tatsächlicher Hinsicht muss dem Krankenhaus klar sein, welche Leistungen es erbracht hat. Es muss diese Leistungen schon im Interesse einer funktionierenden arbeitsteiligen Versorgung der Patienten dokumentieren, die Dokumentation gegen Zerstörungen oder Beschädigungen sichern und über das Dokumentierte Rechenschaft ablegen können. Organisation, Art, Umfang und Sicherung der Dokumentation liegen in der Hand des Krankenhauses. Klarheit über die erbrachten Leistungen liegt aber auch im Interesse der KKn und des Krankenhauses selbst. Die KKn müssen sich regelmäßig darauf verlassen können, dass die abgerechneten Leistungen die erbrachten Leistungen vollständig und zutreffend widerspiegeln. Sie können andernfalls ihrer begleitenden Funktion nicht gerecht werden, den Behandlungsverlauf mit Hilfe des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) zu überwachen und notfalls im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben hierauf einzuwirken (s §§ 275 bis 277 SGB V und zB § 51 SGB V). Nachforderungen lösen zudem bei den betroffenen KKn Doppelprüfungen aus, da sie nicht nur nach der ersten, sondern auch nach der zweiten oder einer weiteren Schlussrechnung jeweils überprüfen müssen, ob die Abrechnung sachlich-rechnerisch richtig ist und ob nun Anlass besteht, den MDK einzuschalten (vgl § 275 SGB V; s zum Ganzen auch BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20). Auch bei Unsicherheit in tatsächlicher Hinsicht kann zwar ein Krankenhaus einen Vorbehalt erklären, etwa wenn wegen eines Systemabsturzes des internen Abrechnungssystems einschließlich aller Sicherungssysteme zunächst nur die auf jeden Fall erbrachten Mindestleistungen abgerechnet werden können. Es liegt in solchen absoluten Ausnahmefällen indes nahe, dass das Krankenhaus wegen der bestehenden Unsicherheit zunächst gerade keine Schluss-, sondern eine Abschlagsrechnung erteilt.

 

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19) können sich die KKn allerdings nicht ausnahmslos gegenüber Nachforderungen des Krankenhauses nach Erteilung einer Schlussrechnung auf das Fehlen eines Vorbehalts des Krankenhauses in der Rechnung berufen. Vielmehr gehört es auch zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach Treu und Glauben, dass KKn je nach der Art des Fehlers, etwa bei offensichtlichem, ins Auge springendem Korrekturbedarf zu Gunsten des Krankenhauses, bereit sein müssen, die Fehler durch das Krankenhaus korrigieren zu lassen. Wird etwa einer KK bei Eingang einer Krankenhaus-Schlussrechnung deutlich, dass durch einen Dateneingabefehler der Rechnungsbetrag des Krankenhauses sich zB anstelle von (richtig) 15 000 Euro auf lediglich (unrichtig) 150 Euro beläuft, wird das Krankenhaus sogar umgekehrt einen entsprechenden Hinweis des Rechnungsempfängers aus eigenem Antrieb erwarten dürfen. Es wäre in einem solchen Fall jedenfalls treuwidrig, wollte sich die KK trotz zeitnaher Nachforderung auf die Erteilung einer "Schlussrechnung" durch das Krankenhaus berufen (vgl BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 19; in der Zielrichtung ähnlich BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 39 ff mwN).

 

Die Rechtsprechung des 3. BSG-Senats steht den dargelegten Grundsätzen nicht entgegen, sondern baut hierauf auf und ergänzt sie. Danach ist die Korrektur einer Schlussrechnung durch ein Krankenhaus innerhalb von sechs Wochen seit Rechnungsstellung grundsätzlich möglich. Nach Ablauf dieser Frist kann eine Schlussrechnung nach Treu und Glauben - von offensichtlichen Schreib- und Rechenfehlern abgesehen - gegenüber der KK nur noch dann korrigiert werden, wenn die Nachforderung über 100 Euro (ab 25.3.2009: über 300 Euro) liegt und zudem mindestens 5 % des Ausgangsrechnungswerts erreicht (vgl zum Ganzen BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20 LS 1 und 2). Davon, dass die Entscheidungen des erkennenden 1. und des 3. BSG-Senats sich ergänzen, geht auch der 3. BSG-Senat aus. Er hat nicht etwa wegen Divergenz den Großen Senat angerufen. Zutreffend hat der 3. BSG-Senat darauf hingewiesen, dass die dauerhaften Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und KKn zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichten und diese Sonderbeziehung die Befugnis zur nachträglichen Rechnungskorrektur begrenzt (vgl BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr 20, RdNr 10). Diesem Ansatz folgt auch der erkennende 1. BSG-Senat (kritisch dagegen Korthus, Das Krankenhaus 2010, 49 f).

 

d) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger mit seiner Nachforderung ausgeschlossen. Er hat seiner ursprünglich erteilten Schlussrechnung vom 15.3.2005 nicht alle Leistungen zugrunde gelegt, die er tatsächlich erbrachte. Es handelte sich nicht um ein rechtliches Abrechnungsproblem bei der Anwendung der Abrechnungsbestimmungen, das den Kläger an der vollständigen Abrechnung hinderte, sondern er kodierte seine Leistungen unvollständig. Der Fehler begründete nach seiner Art keinen offensichtlichen, ins Auge springenden Korrekturbedarf zu Gunsten des Klägers. Die Schlussrechnung war nämlich auch ohne die nicht kodierten Leistungen der Gabe tatsächlich verabreichter Blutkonserven/Plasmapräparate nicht unplausibel. Der Beklagten konnte sich aufgrund der Abrechnung vom 15.3.2005 in keiner Weise erschließen, dass der Kläger die später kodierten Blutkonserven/Plasmapräparate tatsächlich verabreicht hatte. Das entspricht nicht nur dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen der Vorinstanzen. Der Kläger zieht dies auch nicht in Zweifel. Der Kläger erklärte in seiner ersten Schlussrechnung auch weder einen ausdrücklichen noch einen nur sinngemäßen spezifischen Vorbehalt späterer Nachforderung. Die korrigierende Nachforderung des Klägers erfolgte schließlich nicht mehr zeitnah, insbesondere nicht innerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Beklagten, sondern mehr als vier Jahre nach Übersendung und Bezahlung der ersten Rechnung. KKn müssen indes nicht hinnehmen, dass Krankenhäuser innerhalb der Verjährungsfristen durch Nachforderungen trotz erteilter Schlussrechnung ihre Abrechnung noch nach Jahren nachträglich um Positionen ergänzen, die sie bei normaler Sorgfalt von Anfang an in ihrer ersten Schlussrechnung hätten berücksichtigen können. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das Krankenhaus seinerseits ein vollständiges Geschäftsjahr Zeit gehabt hat, die nicht offensichtliche Unvollständigkeit der eigenen Schlussrechnung zu korrigieren.

 

Bewertung:

 

Die Entscheidung des BSG fügt sich in die bisherige Entscheidungspraxis ein. Gleichwohl sind die Ausführungen des Senates - insbesondere mit Blick auf die Begründung des Abrechnungsausschlusses - beachtlich. Das BSG lässt die Abrechenbarkeit der nachberechneten Leistungen an den Grundsätzen von Treu und Glauben scheitern und stellt dabei auf die ständige professionelle Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und Krankenkasse ab, aus der das Gericht eine besondere Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme ableitet. Weil die Krankenkassen auf tragfähige Berechnungsgrundlagen angewiesen seien, müssten sie sich daher grundsätzlich auf die "Schlussrechnung" eines Krankenhauses verlassen können. Dies auch deshalb, weil allein das Krankenhaus über die für die Erteilung einer ordnungsgemäßen, verlässlichen Abrechnung notwendigen Informationen verfüge. Nur bei offensichtlichem, ins Auge springendem Korrekturbedarf zu Gunsten des Krankenhauses, seien Fehler zu korrigieren. Die Ausführungen des BSG in Bezug auf das Vertrauen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus lässt sich mit guten Gründen auf die Leistungsbeziehung zwischen Vertragsarzt und KV übertragen. Auch hier sind - beispielsweise im Falle nachträglicher RLV oder Budgetberichigungen wegen fehlerhafter Zuweisung - die Ärzte selber nicht zur Prüfung in der Lage und dürfen ebenso wie die Krankenkassen auf ordnungsgemäßes Verhalten der KVen vertrauen. Dieser Aspekt sollte bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Hinterkopf behalten werden.

 

Juliane Kazemi